Sofortabschreibungsmöglichkeit für digitale Wirtschaftsgüter
Worum geht es?
Die Computerhardware und Betriebs- und Anwender-Software bildet den Kernbereich der Digitalisierung. Sie unterliegt aufgrund stetig wachsender, technischer Anforderungen an Rechenleistung und Auslastung immer kürzeren Einsatzzyklen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die der steuerlichen Abschreibung nach § 7 Einkommensteuergesetz zugrunde zu legen ist, wurde für diese Wirtschaftsgüter seit zwei Jahrzehnten nicht mehr überprüft und an die aktuellen Anforderungen angepasst. Das Bundesministerium für Finanzen hat am 26.02.2021 hierzu ein brandaktuelles BMF-Schreiben veröffentlicht, das allen Steuerpflichtigen Sofortentlastung bescheren dürfte.
Bisherige Nutzungsdauern können beibehalten werden
Die bisherige betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer lag bei technischen Geräten im Durchschnitt bei ca. 3 bis 5 Jahren, sodass das Wirtschaftsgut auf diese Nutzungsdauer abgeschrieben werden musste. Beispiel: Bei einem Desktop-PC mit Euro 1.500,00 Anschaffungskosten konnten jährlich Euro 500,00 als Abschreibung steuermindernd geltend gemacht werden.
Mit dem neuen BMF-Schreiben besteht nun das Wahlrecht, von der bisherigen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abzuweichen und stattdessen eine Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde zulegen.
Für welche Wirtschaftsgüter gilt das neue Wahlrecht?
Im BMF-Schreiben wird zwischen „Computerhardware“ einerseits und „Betriebs- und Anwendersoftware“ andererseits unterschieden. Die gängigen Computerhardware („Desktop-Computer“, „Notebook“, „Tablet“) wird dabei regelmäßig erfasst. Bei größeren Anlagen sollte aber genau geprüft werden, ob diese unter das neue Wahlrecht fallen (Groß-Server, etc.). Es ist anzunehmen, dass damit das Arbeiten im Home Office attraktiver gemacht werden soll.
Im BMF-Schreiben werden hingegen Smartphones, Mobiltelefone & Co. nicht ausdrücklich erwähnt, sodass für diese Wirtschaftsgüter weiterhin die längere Nutzungsdauer gelten sollte. Bei Smartphones unter Euro 800,00 Anschaffungskosten besteht ohnehin bereits das Wahlrecht, diese im Zeitpunkt der Anschaffung komplett abzuschreiben (sog. GWG).
Bei der Software wird der Anwendungsbereich weiter gefasst, in dem alle (Standard-) Softwarelösungen zur „Dateneingabe und –verarbeitung“ hierunter fallen. Überraschend ist, dass individuelle ERP-Softwarelösung – die oftmals sehr teuer ist – auch unter die Neuregelung fallen wird.
Ab wann gilt dieses neue BMF-Schreiben?
Das BMF-Schreiben findet erstmals auf Wirtschaftsgüter Anwendung, die im Veranlagungszeitraum 2021 bzw. „in nach dem 31.12.2020 endenden Wirtschaftsjahren“ angeschafft werden. Erfreulich ist, dass auch Wirtschaftsgüter früherer Jahre auch erfasst werden können, bei denen eine längere Abschreibungsdauer zugrunde gelegt wurde. Mit dem neuen BMF-Schreiben können die ursprünglich unterstellten Nutzungsdauern ab dem VZ 2021 auf ein Jahr reduziert und somit der bestehende Restbuchwert voll abgeschrieben werden.
Auch Arbeitnehmer profitieren vom neuen BMF-Schreiben
Nicht nur Unternehmer sondern auch Arbeitnehmer im Home Office können profitieren. Sobald die Wirtschaftsgüter bei letzteren als Werbungskosten abgesetzt werden können und damit ein Bezug zum Beschäftigungsverhältnis vorliegt, können sie diese in der Anlage N ihrer bei den Arbeitsmitteln angeben.
Abschließendes Beispiel
Unternehmer U Betreibt einen Webshop mit dem Handel von Herrenbekleidung. Er beschäftigt 6 Vollzeitangestellte. Das Wirtschaftsjahr läuft vom 01.01. bis 31.12. Jeder von ihnen arbeitet an einem hochwerten Desktop-Computer. U erwirbt am 02.01.2021 insgesamt 7 neue, selbständig nutzbare Desktop-Computer mit den üblichen Peripheriegeräten für insgesamt Euro 15.000,00 netto. Anstatt der Abschreibung über drei Jahre mit jährlich Euro 5.000,00 kann er im Jahr 2021 die komplette Summe abschreiben. Dadurch werden Euro 10.000,00 steuermindernd vorgezogen, was ihm bei einem Steuersatz von z.B. 40% einen Liquiditätsvorteil von Euro 4.000,00 mit sich bringt.
Dies soll einen groben Überblick über die Thematik verschaffen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Wir beraten Sie bei Ihren Fragen gerne.