Bitcoin & Co.: Ertragsteuerliche Behandlung
Was sind Kryptowährungen?
Kryptowährungen sind technisch ausgedrückt „digitale Währungen“, die in einem meist dezentralen, stets verteilten und kryptografisch abgesicherten Zahlungssystem gehandelt werden. Sinn und Zweck dieser Kryptowährungen ist es, den bargeldlosen Zahlungsverkehr zu ermöglichen, der ohne behördlichen Eingriff stattfindet. Dabei wird das System der „Blockchain“ genutzt, das komplexe Transaktionen in einem Netzwerk abbildet und so Manipulationen nahezu ausschließt.
Kryptowährungen sind nach aktuellem Rechtsstand sogenannte „immaterielle Wirtschaftsgüter“ und grundsätzlich (wie andere Währungen) frei handelbar. Diese Eingruppierung ist in einigen Urteilen noch höchstrichterlich zu klären und kann sich ggf. noch einmal ändern. Diese Eingruppierung ist für die Besteuerung und für die folgende Darstellung von erheblicher Bedeutung.
Neben den bekannten Kryptowährungen Bitcoin, Ethereum und Litecoin gibt es inzwischen mehr als 1.600 kleinerer Währungen, die grundsätzlich dieselben Eigenschaften aufweisen und ertragsteuerlich gleich zu behandeln sind.
Ertragsbesteuerung von Kryptowährungen
Die Kryptowährungen fallen aufgrund Ihrer Eigenschaft als Währung NICHT unter die Besteuerung von Kapitalerträgen. Damit unterliegen Sie nicht der begünstigten Besteuerung der Abgeltungsteuer mit 25% wie das z.B. bei Aktien, Fonds und anderen Wertpapiere der Fall ist. In Folge dessen findet auch der Sparerpauschbetrag von Euro 801,00 keine Anwendung. Kryptowährungen unterliegen dem persönlichen Einkommensteuertarif zwischen 0% und maximal 45%. Welchen Steuersatz Sie haben, hängt von Ihrer individuellen Einkommenssituation ab.
Bei Kryptowährungen sind grundsätzlich die Gewinne aus Verkauf und/oder Tausch in eine andere Währung innerhalb eines Jahres („Spekulationsfrist“) nach Anschaffung steuerbar und bei Überschreiten der Freigrenze von Euro 600,00 p.a. auch ab dem ersten Euro steuerpflichtig. Währungsgewinne hingegen, bei denen die Spekulationsfrist abgelaufen ist, sind nach aktuellem Rechtsstand nicht steuerbar bzw. umgangssprachlich steuerfrei und es besteht insoweit keine Steuererklärungspflicht (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 S. 1-3 EStG, „sonstige Einkünfte / private Veräußerungsgeschäfte“).
Um nachzuweisen, ob die Spekulationsfrist abgelaufen ist oder nicht, müssen sämtliche Transaktionen von den einzelnen Plattformen oder in den einzelnen Wallets festgehalten und aufgegliedert werden. Je mehr gehandelt (verkauft oder getauscht) wird, desto höher ist der Dokumentationsaufwand. Die Problematik bei der Ermittlung der steuerbaren oder nicht steuerbaren Währungsgewinne besteht im sogenannten „First-in-first-out“-Prinzip. Dieses Prinzip legt fest, dass der erste angeschaffte z.B. Bitcoin auch beim Verkauf/Tausch als erstes herangezogen und gehandelt wird. Gerade bei aktiven Tradern ist es regelmäßig der Fall, dass unwissentlich steuerbare Gewinne entstehen. Je einzeln handelbarer Einheit besteht daher eine individuelle Spekulationsfrist, für die neben dem Anschaffungsdatum auch die Anschaffungskosten als auch der Veräußerungspreis separat festgehalten werden muss.
Doch Vorsicht: Die Spekulationsfrist für die Kryptowährung von einem Jahr kann sich auf zehn Jahre verlängern, wenn mit den Kryptowährungen weitere Einnahmen erzielt werden – wie es zum Beispiel beim sog. Lending der Fall sein kann. Beim Lending überlässt der Trader anderen Nutzern quasi einen Teil seiner Kryptowährung für eine bestimmte Zeit zur Nutzung. Hierfür erhält er ein Nutzungsentgelt in Form von i.d.R. Bruchstücke der Kryptowährung als Einnahme. Für diese Einnahmen selbst gibt es gem. § 22 Nr. 3 EStG (sonstige Einkünfte) ein eigener Freibetrag von Euro 256,00 p.a. Diese Verlängerung der Spekulationsfrist wird bereits kontrovers diskutiert, sodass hier bald Gewissheit bestehen dürfte.
Übrigens: Ein Tausch in eine andere Währung ist immer ein Verkauf der einen und eine Anschaffung der anderen Währung und löst ggf. die Steuerpflicht aus – ganz ohne dass es zu einer Auszahlung kommt.
Alle Grundätze gelten auch für Verluste aus der Veräußerung/Tausch von Kryptowährungen: Innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Verluste können gesondert festgestellt und/oder mit Gewinnen aus derselben Einkunftsart (hier: sonstige Einkünfte) verrechnet werden. Nach Ablauf der Spekulationsfrist sind diese Verluste nicht mehr steuerbar und daher steuerlich auch nicht mehr verwertbar.
Eine weitere Ausnahme stellt das sog. „Mining“ dar: Wer eigene Kryptowährungen beim Mining „schürft“, handelt in der Regel gewerblich. Sämtliche zuvor genannten Regelungen gelten nicht für gewerblich gehandelte Kryptowährungen. Diese sind im Rahmen der gewerblichen Einkünfte immer steuerverstrickt und können nie steuerfrei veräußert werden.
Ausblick: Steuerhinterziehung und das Finanzamt
Wer seine steuerpflichtigen Gewinne nicht pflichtgemäß angibt und die Nichtbesteuerung mindestens billigend in Kauf nimmt, riskiert vom Finanzamt aufgefordert und möglicherweise einer Steuerhinterziehung bezichtigt zu werden. Das Finanzamt kann im Falle von einer Steuerhinterziehung die maßgebenden Einkommensteuerbescheide bis zu 13 Veranlagungszeiträume rückwirkend ändern – das gilt unabhängig von Kryptowährungen.
Das bedeutet im Falle von nachweislich leichtfertiger oder vorsätzlicher Steuerverkürzung und/oder Steuerhinterziehung, dass bis mindestens ins Jahr 2030 rückwirkend geprüft und nachversteuert werden kann (inkl. strafrechtliche Konsequenzen). Sollte das bei Ihnen der Fall sein, wenden Sie sich gerne vertrauensvoll an uns – wir helfen Ihnen dabei, Ihre rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und begleiten Sie gerne bei möglichen Rechtsbehelfen.
Kryptowährungen stellen ein sehr junges und daher noch weitestgehend unbekanntes Steuerkonstrukt dar. Seitens des Fiskus wurden diesbezüglich noch keine eigenen Steuergesetze erlassen. Je größer die Nachfrage in der Bevölkerung, desto größer wächst auch das Interesse des Steuergesetzgebers, hier entsprechende Gesetze zu verabschieden. Gerade die Nichtsteuerbarkeit der Währungen, bei denen zwischen Anschaffung und Verkauf/Tausch die Spekulationsfrist abgelaufen ist, könnte hier ein Dorn im Auge sein. Es ist daher mit weitreichenden Prüfungen innerhalb der nächsten Jahre zu rechnen.
Wir empfehlen Ihnen daher dringend: Dokumentieren Sie lieber mehr als aktuell erforderlich, um Nachweise bei späteren Rückfragen vorweisen zu können. Dies soll einen groben Überblick über die Thematik verschaffen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sprechen Sie uns bei Fragen gerne an.